Wie grundsätzlich sozial ist das Bedingungslose Grundeinkommen?

Ausgehend von dem Gedanken, dass die Digitalisierung ein allumfassender sozialer und kultureller Prozess ist und es in der Wirtschaft durch Automatisierung zu massiven Jobverlusten kommen könnte (einige Studien gehen ja davon aus, dass bis zu 50 % der Jobs zukünftig von Maschinen substituierbar sind) stellt sich  die  brennende Frage, wie neue Gesellschafts-, Einkommens- und Arbeitsmodelle im Zeitalter der Digitalisierung aussehen könnten. Für viele Beobachter nimmt dabei das Konzept des Bedingungslosen Grundeinkommens eine zentrale Hebelfunktion ein. Soll heißen: es soll die adäquate sozialpolitische  Lösung für eine mögliche gesellschaftliche Situation sein, in der es nur noch für einen Teil der Menschen klassische Lohnarbeit geben wird. Auch wir haben uns auf diesen Seiten ja schon mit dem BGE im Kontext der Digitalisierung beschäftigt.

Im folgenden hervorragenden Podcast, den wir heute mit Ihnen teilen möchten, hören Sie einen Kommentar von Jens Berger von den kritischen „NachDenkSeiten“: http://www.nachdenkseiten.de/?p=41787   Berger setzt sich sehr differenziert und äußerst kritisch mit dem BGE auseinander. Dazu stellt er zunächst die verschiedenen Grundeinkommens-Varianten mit unterschiedlichen Finanzierungsmodellen  vor. Er macht außerdem die extrem komplexen, nicht prognostizierbaren ökonomischen Wechselwirkungen einer solchen Intervention sichtbar (bspw. massiver realer Kaufkraftverlust durch höhere Preise und den Wegfall sozialer Subventionen) und kritisiert Feldversuche, die er als nicht aussagekräftig betitelt. Schließlich – und das ist seine  Leitthese – macht er auf den  stark neoliberalen, fast reaktionären Ursprung des Modells aufmerksam. Berger argumentiert dabei, dass das BGE letztlich, wenn es überhaupt noch einigermaßen seriös finanzierbar sein soll, kein progressives, emanzipatorisches Instrument ist, sondern in einer Aushöhlung (besser: Abschaffung) des Sozialstaatsprinzips mündet und real fast alle Menschen schlechter stellen wird.

Wir finden seine Thesen und Enwände für eine allgemeine Debatte über neue Einkommensmodelle äußerst fruchtbar. Seine stichhaltigen und gut belegten Argumente zu den Schwächen und Problemen des BGE einbeziehend wird es in einem offenen Zukunftsdiskurs in unseren Augen auf folgende Fähigkeiten ankommen:

  1. Kritisch und gleichsam vorurteilsfrei zuhören.
  2. Selber denken (lernen) – und zwar immer auch bewusst kontraintuitiv zu den eigenen Vorurteilen (d.h. sich gezielt mit Meinungen auseinandersetzen, die der eigenen zu 100% widersprechen)
  3. An den Handlungen prüfen – Integrität zählt: Die Haltung entscheidet, nicht die Worte. Und Menschen konsequent an ihren Handlungen messen.

Das alles in einer Massenmediengesellschaft, in der wir unsere Konstruktionen von der Wahrheit fast immer nur qua massenmedialer Berichterstattung machen können. Dies ist schon eine ganz schöne paradoxe Herausforderung – und bedarf eben hoher Reflexionsfähigkeit und stetiger Persönlichkeitsentwicklung.

Es ist aber sicher notwendig, diesen „schwierigen“ Weg zu gehen, wenn wir gemeinsam über neue Gesellschafts- Wirtschafts- und Arbeitsmodelle nachdenken und nicht einzelne Maßnahmen als allumfassende Hebellösungen ausgeben wollen. Denn dieser Diskurs ist, abseits einfacher Versprechungen und Heilslehren, im Kontext der Digitalisierung unserer Gesellschaft absolut notwendig.

Bringen Sie sich daher ein – für einen menchgerechten Weg der Digitalisierung.