Harald Welzer: Alles könnte anders sein

Harald Welzer gehört zu den brillianten Sozialwissenschaftlern und Vordenkern des Landes. Nun hat er ein neues Buch geschrieben mit dem Titel „Alles könnte anders sein“. Welzer stellt dabei gegenwärtige, oft apokalyptisch geprägte Gesellschaftsdiskurse vom Kopf zurück auf die Füße und wünscht sich im Kontext gegenwärtiger fundamentaler Herausforderungen (Klimawandel, Weltweite soziale Ungleichheit, Ressourcenknappheit …) eine utopisch-realistische „Neusortierung“ und Kombination moderner Prinzipien und zivilisatorischer Errungenschaften. Das ARD-Kulturmagazin „titel, thesen, temperamente“ hat Welzer besucht und zentrale Gedanken seines Buches vorgestellt (Video siehe unten)

Welzer geht – ohne die teilweise katastrophalen Zustände, bspw. die Klimasituation oder die globale Verteilungs-Frage, zu verleugnen oder schön zu reden – in seinem Buch zunächst entgegen der oft sehr pessimistischen gesellschaftliche Diskurse davon aus, dass wir in der besten aller bisherigen Welten leben (was bspw. Faktoren wie Freiheitsrechte oder Lebenserwartung anbelangt), von der die vorherigen Generationen nur träumen konnten. Ausgehend von dieser Grundthese beklagt er eine gewisse apokalyptische, resignative und mutlose Sichtweise auf die Welt, wie sie gerade nicht nur die Nachhaltigkeitsszene, sondern auch große Teile der Gesellschaft (von wegen „wir können eh nichts mehr tun“) dominiert. Welzers Credo dagegen: Es ist eigentlich fast alles da, wir müssen es nur wie Legosteine neu zusammenbauen und die wesentlichen Diskurse führen, bspw.

  • Wie gehen wir mit Grenzen um, die ja nur ein Konstrukt des 19. Jh. sind? Warum schaffen wir diese nicht ab, im Kopf aber auch real?
  • Wie können wir die Digitalisierung positiv nutzen, um entfremdete Arbeit endlich obsolet zu machen?
  • Wie lösen wir das Verteilungsproblem, wenn wir doch eigentlich theoretisch schon alle Menschen auf dem Planeten ernähren könnten?
  • Wie schaffen wir neue Mobilitätskonzepte?
  • Wie erhalten wir Freiheit, Sicherheit, einen gewissen Wohlstand und andere moderne Prinzipien bei gleichzeitig radikal verringertem Naturverbrauch?
  • usw…

Welzer nennt dies einen utopischen Realismus und plädiert für den Aufbau neuer, realer Experimentierräume, die mögliche andere Welten zeigen. Was halten Sie von Welzers Gedanken? Welche bereits funktionierenden oder anlaufenden konkreten „realen Anschauungsräume“ fallen Ihnen ein, wenn Sie an eine gerechtere, nachhaltige und bessere Welt denken? Welche Möglichkeiten bestehen auch für Sie, um als Einzelne/r solche Räume mit aufzubauen und sich zu vernetzen? Bringen Sie sich ein – für einen menschgerechten Weg der Digitalisierung.