Harald Welzer: Was Ökologie und Digitalisierung miteinander zu tun haben und warum wir nicht mehr nach dem „Wozu“ fragen

Harald Welzer gehört zu den profiliertesten Sozialwissenschaftlern im Land. Und auch er beschäftigt sich zunehmend wie immer mehr medienwirksame Intellektuelle mit den gesellschaftlichen und ethischen Herausforderungen der Digitalisierung und setzt bei vielen Frage- und Problemstellungen an, die auch uns seit einiger Zeit sehr bewegen.

Im folgenden 3sat Beitrag finden Sie ein Interview mit Welzer:

Versiert zeigt er anhand des Themas „Autonomes Fahren“, warum es uns als Gesellschaft gegenwärtig an substanziellen Debatten zu wirklichen sozialen Zukunftsvisionen fehlt. Denn statt im Kontext der Nachhaltigkeits-Problematik über Verkehr „an sich“ zu sprechen und zu diskutieren, ob wir vor dem Hintergrund des Klimawandels zukünftig überhaupt weiter auf das Prinzip individualisierten Verkehrs bauen möchten, wird das Thema rein technisch besprochen. Technologie wird so von den Menschen längst zu einem naturgesetzlichen Prozess erhoben: was technisch möglich ist, soll oder wird auch kommen, ungeachtet unserer Wünsche und Vorstellungen zu einem sozial und ökologisch nachhaltigem Zusammenleben. Es fehlt letztlich an den Fragen „Wozu das Ganze?“ oder „Was wollen wir eigentlich?“, also im Prinzip „Wie wollen wir leben?“.

Wunderbar zeigt Welzer dabei auch die Paradoxien des gegenwärtigen Nachhaltigkeitsdiskurs auf und bemerkt scharf: „Je mehr darüber geredet wird, desto weniger ist es vorhanden.“ Denn die Konsummengen stiegen nach wie vor unentwegt an und das uhinterfragte Wachtums-Paradigma gelte über alle Parteien und (weltweiten) Institutionen hinweg. Statt dem notwendigen Primat der Ökologie gelte das Primat der Ökonomie nach wie vor ungebrochen, so Welzer. Nur ein solcher Bewussteinswandel sei im Kontext der Digitalisierung aber wirklich revolutionär, nicht die Digitalisierung an sich.

In unserem  kommenden Buch „Digitalisierung.Mensch – Wie wollen wir leben?“ werden auch wir uns durch Auseinandersetzung mit alternativen Ökonomie-Konzepten wie der Gemeinwohl-Ökonomie und der Postwachstumsökonomie und mit neuen Solidaritäts-Modellen mit der notwendigen Kopplung von Nachhaltigkeit, einem menschgerechten Digitalisierungsprozess und  der Behebung allgemeiner weltgesellschaftlicher Herausforderungen (Armut, ungerechte Verteilung von Rohstoffen und Kapital, …)  befassen.

Bringen auch Sie sich ein – für einen mensch- und umweltgerechten Wandel unserer Gesellschaft in Politik, Wirtschaft, Bildung und Kultur.