Digitale Bildung – ein ganzheitlicher Ansatz tut Not

Heute Morgen habe ich mir “ Die Zeit“ gekauft – das Titelblatt „UTOPIEN – Die Suche nach einer besseren Welt“ hat mich sehr angesprochen. 

Als Haupt-Einlage fand ich das Heft „Aufbruch Lernen – Ein Magazin zur digitalen Bildung“. 

Klasse, dachte ich mir, blätterte es gleich durch und fand Interesse weckende Schlagworte, wie … Digitale Medien, Robotik, Web- und App-Programmieren, Virtual Reality, Jugend hackt, virtuelles Lernen, Künstliche Intelligenz.

Nach etwas genauerer Sichtung wurde mir bewusst, das Heft war nicht vom Bundesministerium für Bildung, vom Lehrerverband, oder von einer Ministerien, Verbände und Institutionen-übergreifenden Initiative, … sondern von Google:

Fast 40 Seiten Bildungsoffensive in der renommiertesten deutschen Wochenzeitung vom größten Datensammler, -verwerter und -nutzer der Welt. Einer Silicon Valley-Firma per excellence – modern, agil, im Kern extrem wettbewerbsorientiert, totalitär im Denken und Handeln. Vgl. vertiefend http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-131812893.html.

Genau so war auch die Botschaft dieses an sich gut gemachten Heftes: Digitalisierung ist zu 100% die Lösung unserer Bildungsherausforderungen. Kein einziger kritischer, nicht mal differenzierter Bericht auf 36 Seiten.  

Das ist in etwa so, wie wenn Audi, BMW oder Mercedes eine „Anleitung für mobiles Leben im 21. Jahrhundert“ herausgäben und dabei zufälligerweise das Automobil in jedem Fall als die beste, ja einzige Lösung darstellten.

Was können wir daraus lernen? Ich sehe drei Punkte:

  1. Wir sind aufgerufen, wach zu sein, wer uns welche Lösungen für das Digitale Zeitalter „verkauft“. Noch nie zuvor in der Menschheitsgeschichte war es so leicht möglich, undifferenzierte Informationen massenhaft in die Welt zu streuen. Es liegt also an uns, aufzuwachen und vor allem selbst zu denken.
  2. Deutschland (besser noch Europa) muss schleunigst eine umfassende Bildungsinitiative für das digitale Zeitalter mit gezieltem Ressourceneinsatz in den Fokus nehmen. Hier wird es vor allem auf kooperative Zusammenarbeit unterschiedlichster Akteure ankommen. Der echte Wille zur Kollaboration ist wichtiger als jeder einzelne inhaltliche Ansatz. Das Wissen, was wir brauchen, ist – an verschiedenen Orten verteilt – vorhanden.
  3. Ich denke, wir täten gut daran, das humboldtsche Bildungsideal zum Ausgangspunkt unserer Aktivitäten zu machen – eben erweitert um die Themen und Kompetenzen für eine digitalisierte Welt. Sehen Sie sich doch unseren ersten, sicherlich noch rudimentären Wurf, als Diskussionsgrundlage dazu an: Lernfelder in einer Digitalen Welt_Philos_12-2016

Wie sehen Sie das?

Über eine angeregte Diskussion freuen wir uns – ja, wir brauchen sie dringend.

Denn es geht um nichts Geringeres, als die Frage, wie wir und unsere Kinder leben möchten und wer letztendlich darüber bestimmen wird: Menschen oder Maschinen?

Dr. Andreas F. Philipp